Vanessa Simon, Luzia Stocker, Gabi Rutschmann
Das SRK Kanton Solothurn führt in Olten einen Laden auf Zeit. Unser Pop Up Store bedeutet nicht nur Kleider für Menschen, die geflüchtet sind. Es ist auch ein Ort der hilft, sich hier zu integrieren – und verkürzt Menschen in einem Asylzentrum die Zeit.
Sie probieren Blusen an, legen sich einen Schal um den Hals. Prüfen, ob die Hose zur Bluse passt. Dazu lachen sie, necken sich, machen Spässchen. Eine Mini-Modeschau, aus dem Stegreif.
Laufsteg, Bühne und Zuschauerraum ist der Pop-up-Store in Olten an diesem Mittwochmorgen. Die Frauen und Männer aus der Ukraine sind mal Model, mal Zuschauerinnen und Zuschauer. Ein bisschen Glamour, ein bisschen Glanz im Grau.
«Sie haben in diesem Moment ihre Sorgen vergessen», sagt Shop-Leiterin Gabriela Rutschmann. «Den Krieg in ihrer Heimat mit dem Leid und der Zerstörung. Ein paar Momente Unbeschwertheit und Fröhlichkeit. Dem Elend trotzen und sich etwas Gutes tun.»
Verwenden statt wegwerfen
Seit letztem Sommer ist in diesem Laden, in dem früher Antiquitäten verkauft wurden, ein Brocki für Kleider entstanden: Hier erhalten Geflüchtete sowie Menschen, die in prekären Verhältnissen leben, Kleider (vgl. Randspalte 1).
Dieses Angebot ist gefragt. «Die Menschen in der Region sind solidarisch», freut sich Gabriela Rutschmann vom SRK Kanton Solothurn. «Wir erhalten viele Kleider, meist in so gutem Zustand, dass wir sie in unserem Laden präsentieren können.»
Für den Laden ist Gabriela Rutschmann verantwortlich: Sie sorgt dafür, dass die Einsatzpläne auf die freiwilligen Frauen abgestimmt sind. Diese arbeiten tatkräftig und mit viel Eigeninitiative im Laden und helfen mit, dass die Optik stimmt. Gabriela Rutschmann ist da, wenn sie etwas benötigen und wissen wollen. Es war ein Wunsch der knapp Fünfzigjährigen, ein Brocki zu führen: «Dass andere das verwenden können, was sonst im Abfall landen würde – diese Idee finde ich prima. Vor allem, wenn es Menschen zugutekommt, die sich Neues nicht leisten können. So können wir der Mentalität entgegenwirken, viel zu kaufen, um es rasch wegzuwerfen – und dabei Menschen unterstützen, die mit wenig Hab und Gut vor dem Krieg geflüchtet sind.»
Glückliche Fügung
Entstanden ist der Shop in Absprache mit Oltner Freiwilligen, die den Geflüchteten aus der Ukraine halfen. «Kleider waren von Anfang an gefragt», weiss Luzia Stocker, Leiterin Integration beim SRK Kanton Solothurn. Dank Kontakten des Präsidenten Arthur Haefliger kann das Rote Kreuz Kanton Solothurn dieses Lokal an zentraler Lage zu einem guten Preis mieten.
«Mit Option auf Verlängerung, bevor es umgebaut wird», ergänzt Luzia Stocker. «Recht schnell konnten wir all das in die Wege leiten.» Dies auch dank der finanziellen Unterstützung der SRK-Geschäftsstelle in Bern.
«Die Menschen, die hier Kleider holen, schätzen das Angebot und sind fast immer dankbar», sagt Ladenleiterin Gabriela Rutschmann. Manchmal erweist sich ein Kleidungsstück als besonders nützlich: «Ein Ukrainer trug für ein Bewerbungsgespräch einen Anzug von uns – er erhielt den Job. Ein direkter Beitrag zur Integration, bei welcher der berufliche Aspekt eine tragende Rolle spielt.»
Seite an Seite
Manchmal kreuzen sich hier die beiden SRK-Engagements von Gabriela Rutschmann – wenn zwei Menschen hier Kleider anprobieren: Tandems aus dem Integrationsprojekt Seite an Seite. Gabriela Rutschmann vermittelt unter anderem Kontakte zwischen Einheimischen und Geflüchteten aus der Ukraine mit Schutzstatus S. Sie führt die Gespräche, um sich zu vergewissern, dass die Chemie zwischen den Menschen stimmt.
«Fast immer», freut sich Gabriela Rutschmann, «können zwei Personen irgendwo anknüpfen und finden sich: via Beruf, über den Ort in der Ukraine. Oder über ein gemeinsames Interesse, zum Beispiel an Geschichte. Dass sich Menschen finden und verbinden, fasziniert mich.»
Ein Ukrainer ruft sie jeweils nach den Begegnungen an, um zu erzählen: vom gemeinsamen Einkaufen, vom Besuch im Zoo, vom Kaffeetrinken. «Er lässt nicht locker, bis er mich am Telefon hat – um mir mit seinen lebhaften Schilderungen eine Freude zu machen.»
Via Bons zu Kleidern
Das SRK gibt an der Ziegelfeldstrasse 23 in Olten Kleider ab. Das Angebot richtet sich an Geflüchtete mit Status F, N und S sowie an Menschen in finanziell prekärer Situation.
Den Bon kann man am Dornacherplatz 7 in Solothurn sowie an der Ringstrasse 17 in Olten beziehen; dies montags bis donnerstags von 8.30 bis 12 Uhr. Der Kleiderladen ist Mittwoch-Vormittag sowie Donnerstag-Abend geöffnet.
Mobiler Kleidershop
Einmal pro Woche wird der Kleidershop mobil: Dann fährt Vanessa Simon mit dem SRK-Bus in die Flüchtlingsunterkunft Fridau in Egerkingen, in der mehrheitlich Ukrainerinnen und Ukrainer leben. «Sie helfen jeweils beim Ausladen, sind überaus hilfsbereit», sagt die SRK-Fachmitarbeiterin Integration.
«Das hilft abzulenken und bringt Abwechslung in den tristen und eintönigen Alltag mit ungewisser Zukunft.»
Gut erhaltene Kleider, Schuhe, Taschen, Schmuck etc. nimmt das SRK Kanton Solothurn entgegen an der Ringstrasse 17 in Olten oder am Dornacherplatz 7 in Solothurn (montags bis donnerstags 8.30–12.00 Uhr).