«Wir gehen mit einem Lächeln»

Spielerisch Deutsch lehren, Tipps geben für den Alltag in der Schweiz – und sich von einer anderen Denkweise und Kultur bereichern lassen: Seit fast zwei Jahren engagieren sich Milena (25) und Irena (32) als Freiwillige für jugendliche Flüchtlinge im Rahmen des Projekts Seite an Seite.

Der Donnerstag ist ein guter Tag, was auch kommen mag: Dessen sind sich Milena und Irena gewiss. Denn am Abend besuchen sie jeweils die Jungs einer Wohngemeinschaft im Kanton Solothurn: Die beiden 17-jährigen N. und S. aus Afghanistan sowie der 20-jährige D. aus Eritrea sind alleine in die Schweiz geflüchtet. «Wir gehen immer mit einem Lächeln», sagt Irena, «denn unabhängig davon, wie der Tag war: Die Einsätze sind immer ein Aufsteller.»

Lernen en passant
Die Getränke stehen parat, als Irena und Milena klingeln; sie werden freundlich begrüsst. D. fragt, was die beiden Freiwilligen des Roten Kreuzes trinken möchten. Milena schafft mit ein paar Fragen den Bezug zum letzten Mal und hat auch für heute etwas vorbereitet; sie berücksichtigt die Bedürfnisse und Wünsche der jungen Männer.

Das Programm ist bunt: Mal geht es um deutsche Grammatik, mal um die Hintergründe von Redensarten und um hiesige Gepflogenheiten. Oder man spielt Memory, Uno, Gemsch, Eile mit Weile – Spiele, welche die jungen Männer zuvor nicht gekannt haben. «Ich versuche jeweils zu gewinnen», sagt N. mit einem Schmunzeln. «Und erhalte eine weitere Gelegenheit, Deutsch zu sprechen und es zu verbessern.» So wird das Lernen quasi zur Nebensache, auch wenn sie im Sommer  gemeinsam Glacé und im Winter Fondue essen. «Es macht Spass – und wir lernen gleichzeitig viel», sagen D. und S.

Während des Zusammenseins, das gut eine Stunde dauert, wird viel gelacht. «Es ist ja für alle freiwillig, es soll Spass machen – und das tut es», sagt Irena. «Die Jungs», sagt Milena, «sind motiviert. Es ist toll zu erleben, wie sie kontinuierlich Fortschritte machen. Sie schätzen das Unkomplizierte und dass sie Fehler machen dürfen, um aus ihnen zu lernen.»

Praxis sammeln
Milena aus Oensingen engagiert sich seit eineinhalb Jahren für Seite an Seite, ein Integrationsprojekt des SRK Kanton Solothurn. Parallel zu ihrer Arbeit als Sachbearbeiterin hat die 25-Jährige einen Lehrgang in Erwachsenenbildung absolviert. Sie nutzt ihren freiwilligen Einsatz, um die Praxis zu erwerben, die für das Zertifikat zum Unterrichten von Deutsch nötig ist. Zusätzlich unterstützt sie D. beim schulischen Teil seiner Lehre als Schreiner. Beim Abfragen müsse sie manchmal selber spicken, erzählt sie mit einem Lachen. «So lerne auch ich dazu.» Ebenfalls seit gut eineinhalb Jahren setzt sich Irena aus Basel als Freiwillige beim Roten Kreuz ein. Sie engagierte sich freiwillig in einem Asylzentrum, als deutlich mehr Menschen in die Schweiz flüchteten. Die Schicksale unbegleiteter  inderjähriger
Flüchtlinge berühren sie, weshalb sie sich beim Roten Kreuz gemeldet hat.

Einblicke in eine andere Kultur
Der regelmässige Kontakt ermöglicht allen Beteiligten den Blick in eine andere Kultur. So war D. überrascht, als er erfuhr, dass hier Männer ab und zu für ihre Frauen kochen. Dass Männer für Frauen Mahlzeiten zubereiten, kommt in Eritrea kaum vor. Das hat D. jedoch nicht daran gehindert, die beiden Frauen zu seinem  Geburtstagsessen einzuladen. Milena und Irena haben bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal Injera gegessen – eritreisches Fladenbrot.